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Die erste Etappe unserer Reise führte uns nach Lietzow auf der Insel Rügen. Der Campingplatz Störtebeker-Camp liegt knapp 10 km vom Fährhafen Mukran entfernt, von dem wir die Fähre nach Trelleborg zu nutzen gedachten. Genauer: Wir hatten die Fährpassage per Internet für den 1. Juni gebucht. Für den Besuch des nahegelegenen Sassnitz', der Rügener Kreidefelsen und des Kaiserstuhls hatten wir einen Tag Aufenthalt in Lietzow eingeplant. Die Zeit nutzten wir auch für eine Erkundung des Fährhafengeländes, schließlich wollten wir vorbereitet sein, wenn es am nächsten Tag galt, die Fähre zu erklettern. Strahlendes Vorsommerwetter mit kühlendem Ostwind ließ sofort Ferienstimmung aufkommen. Ein ausgedehnter Bummel durch den Sassnitzer Hafen tat ein Übriges für die Reisevorfreude. Selbst die Kassierlaune der Rügener zum Beispiel für die Besichtigung der Kreidefelslandschaft mit Parkgebühr, Bustransfer und Eintritt in die Naturwelt konnte die Laune nicht dauerhaft trüben.
Am nächsten Tag schifften wir dank der guten Vorbereitung problemlos ein und wie auf Samtschienen glitt das Fährschiff über die Ostsee nach Trelleborg. Eigentlich hatten wir rauen Seegang erwartet, nachdem wir in den letzten Jahren einige Erfahrungen mit verschiedenen Mittelmeerfähren sammeln konnten. Doch die Ostsee, oder war es die Scandlines-Fähre, meinte es gut mit uns und die Magenberuhigungsmittel blieben in der Bordapotheke. Das schöne Wetter aus Deutschland hatten wir mit nach Schweden gebracht, demzufolge auch die gute Laune - die Rundreise durch Südschweden konnte also unter besten Vorzeichen beginnen.
Wir hatten geplant, an der Küste entlang in Richtung Osten zu fahren, den Norden der Insel Öland einige Tage zu erkunden, weiter an den Vätternsee und schließlich nach Stockholm zu fahren. Von dort sollte die Reise an den Siljansee mit Kennenlernen des Darlana-Landes führen und später allmählich zurück ins Dalsland mit Aufenthalt am Vänernsee. Entlang der Nord- und Ostseeküste über Göteborg nach Malmö, die Öresundbrücke und die Brücke über den Großen Belt nach Dänemark mit kurzem Aufenthalt sollte es wieder zurück in die Heimat gehen.
Nach dem Verlassen der Fähre in Trellborg gegen 17.00 Uhr hatten wir noch ausreichend Zeit, bis nach Simrishamn zu fahren und den dortigen Campingplatz anzusteuern: Tobisviks Camping in Simrishamn.
Doch um die Zeit unserer Ankunft, zumal in der Vorsaison, war die Rezeption nicht mehr besetzt. Freundliche Camper wiesen uns auf eine Telefonnummer hin, unter der man den Platzverwalter erreichen konnte. Glücklicherweise ließ sich per Handy eine Verbindung herstellen und der Teilnehmer am anderen Ende verstand unser deutsch-englisch-schwedisches Sprachgemisch und verriet uns eine Stelle mit verstecktem Elektrokastenschlüssel, dessen Nummer gleichzeitig die zugewiesene Stellplatznummer war. Die Formalitäten sollten wir am nächsten Tag regeln. Am nächsten Morgen das gleiche Spielchen wie am Abend vorher. Wir wollten abreisen, doch die Rezeption war wie gehabt verschlossen. Also anrufen, kundtun, dass wir wieder abzureisen gedachten und gern bezahlen möchten. Wir wurden gebeten, 20 Minuten zu warten, es würde jemand erscheinen. Pünktlich kam der Platzverwalter mit einem Bagger angerauscht, erledigte zuerst eine kleine Bauarbeit und schritt zum Kassiervorgang. In Ermangelung des Büroschlüssels wechselten einige Kronenscheinchen den Besitzer, dessen neuer wegen fehlendem Wechselgeld den Preis großzügig abrundete und wir konnten die nächste Reiseetappe antreten. Böse Buben hätten das Camp unerkannt verlassen können, aber derartig schlechte Erfahrungen schien hier noch niemand gemacht zu haben. Und wir sind schließlich ehrliche Gäste.
Die Weiterfahrt zur Insel Öland brachte einige Erkenntnisse bezüglich des schwedischen Straßenverkehrs. Zunächst erstaunte das Fehlen der aus Deutschland gewohnten Drängelei überholungssüchtiger Verkehrspartner. Herrlich leere Straßen und rücksichtsvolle Autofahrer, die geduldig hinter dem langsamer fahrenden Gespann her zuckelten. Keiner überschritt die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit. Das mag auch an dem uns unbekannten Verkehrszeichen mit einer weißen Kamera auf blauem Grund liegen. Denn kurze Zeit später steht eine Radarmesssäule stellvertretend für lebendige Polizisten am Straßenrand und gebietet Achtung. Wer schneller vorwärts kommen möchte, wartet, bis die Fahrbahn zweispurig wird, was auf Schnellstraßen alle paar Kilometer wechselseitig für flüssigen Verkehr sorgt. Dort, wo diese Wechselspuren fehlen, sind an den Seiten Trennlinien aufgebracht, die von den langsamer fahrenden Gefährten überfahren werden, um schnelleren das Überholen zu ermöglichen. Die meisten schwedischen Autofahrer bedanken sich nach dem Überholvorgang mit kurzen Blinkzeichen. Bei allem Positiven muss aber die für uns ungewohnte, wenn nicht gar als chaotisch zu bezeichnende Baustellen-Verkehrsführung bezeichnet werden. Geduldigen Schweden scheinen die Verwirrungen allerdings wenig auszumachen.
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Auf Nebenstraßen außerhalb der Ortschaften kann man mit plötzlichem Ende der asphaltierten Strecke rechnen und muss längere Zeit mit geschottertem Untergrund vorlieb nehmen. Zu erwähnen sind noch die bekannten Warnschilder vor Elchen, die man ernst nehmen sollte. So sehr wir auch Ausschau hielten, wir konnten leider keines der possierlichen Tierchen im Umkreis der Warnschilder entdecken. Es soll sie aber geben.
Manchmal sind schwedische Nebenstraßen so eng, dass entgegen kommende Fahrzeuge nicht aneinander vorbeikommen. Das passierte uns immer dann, wenn es um Zufahrten zu einem Campingplatz ging. Hierfür gibt es in Schweden ein Verkehrszeichen: ein weißes "M" auf blauem Grund. An dieser Stelle befindet sich eine kleine Ausweichbucht und das Ganze rollt wieder. An die Tankstellengepflogenheiten muss man sich herantasten. Es gibt Säulen, an denen man mit Kreditkarte tankt, gekennzeichnet mit "Karta", oder per Geldscheineinschub "Sedel" und Säulen mit "Kassa" für Barzahlung im Shop. Zu später Stunde oder in abgelegenen Gegenden kann man nur noch mit Karte tanken. Welche Kreditkarten das Gerät akzeptiert, ist unterschiedlich, aber gekennzeichnet. Wichtig ist, dass man für die Karte eine PIN-Nummer besitzt, ohne geht nichts. Der Vorgang selbst ist einfach, man folgt den Displayanweisungen, sofern man einigermaßen schwedisch versteht. Wenn nichts geht, kann das an der fehlenden Eingabenummer für die gewählte Kraftstoffart- oder Säule liegen.
Über eine 6 Kilometer lange Brücke bei Kalmar rollten wir auf die Sonneninsel Öland. Wir wendeten uns nach Norden und steuerten Sonjas Camping bei Löttorp /Öland an, ein riesiger, schöner Platz mit freundlicher Gastgeberin und kaum Gästen.
So müssen sich einst die Bauern der Gegend vorgekommen sein, wenn sie zum nächsten nachbarlichen Gehöft zwecks eines gemütlichen Plauschs unterwegs waren. Der nächste Mitcamper war fast außer Sicht- und Hörweite. In der Hochsaison scheint sich das Bild allerdings der heutigen Besiedlung anzupassen. Wir nutzten die Tage unseres Aufenthalts, den Norden der Insel zu erkunden. In besonderer Erinnerung bleiben die unzähligen alten Windmühlen, deren Fotos ein ganzes Album füllen werden. Beeindruckend waren für uns die verschiedenen Landschaften auf so engem Raum wie auf Öland. Unsere Erkundungsausflüge führten uns vom Leuchtturm "Langer Erik" am Nordkap bis zum Königsschloss bei Borgholm. Leider war die kleine Schmalspurbahn bei Böda an der Nordspitze Anfang Juni noch nicht in Betrieb und wir mussten uns mit der Besichtigung der winterlichen Überbleibsel begnügen. Romantisch war aber auch dieser Abstecher allemal. Begleitet von strahlendem Sonnenschein und fasziniert von den Schönheiten der Insel, können wir verstehen, warum die königliche Familie Öland als ihr traditionelles Urlaubsdomizil erwählt hat.
Nach einigen Tagen auf Öland fuhren wir weiter Richtung Vätternsee. Dabei durchquerten wir die Heimatgefilde Pippi Langstrumpfs und Michels aus Lönneberg, oder Emils, wie er hier heißt. Geplant hatten wir einen Aufenthalt auf dem Campingplatz bei Karlsborg an der westlichen Seeseite. Von hier aus wollten wir das Seengebiet zwischen Vettern und Vänern erkunden. Karlsborg ist ein hübsches Städtchen. Besonders interessant ist ein Beobachtungsaufenthalt am Einlauf des Göta-Kanals.
Der Campingplatz entsprach von der Außenansicht allerdings nicht unseren Erwartungen. Eng belegt und zumindest von außen her einen düsteren Eindruck hinterlassend, weckte er bei uns kein Wohlwollen. Wir fuhren weiter und fanden nach etwa 16 Kilometern am Abzweig in Richtung Nationalpark Tiveden Stenkällegårdens Camping Tiveden in Stenkällegården / Bocksjön.
Von Camping Stenkällegarden aus fuhren wir nach Stockholm. Bredängs Camping in Stockholm-Bredäng liegt etwa 10 km vor den Toren der Stadt und war von der Autobahn aus gut zu erreichen. Wir blieben 4 Tage. Den ersten nutzten wir zur Erkundung der Stockholmer Altstadt mit dem Königsschloss, dem Reichstagsgebäude, den romantischen alten Gassen mit ihren vielen winzigen Geschäftchen und den Hafenanlagen. Weiter trugen uns die Füße nicht.
Deshalb fuhren wir am nächsten Tag mit dem Auto hinaus nach Schloss Gripsholm. Wir umrundeten das imposante, geschichtsträchtige Bauwerk, erinnerten uns der Erzählung Tucholskys und bestaunten das Innere der burgähnlichen Anlage voller Ehrfurcht. Anschließend hatte es uns die Museumseisenbahn in unmittelbarer Schlossnähe angetan. Leider war der Fahrtbetrieb im Juni noch nicht aufgenommen, trotzdem beeindruckten die zu besichtigenden Anlagen, Waggons und historischen Überbleibsel vergangener Zeiten gewaltig.
Der dritte Tag führte uns wieder in die City der schwedischen Hauptstadt. Wir klapperten die weltbekannten Geschäftsstraßen, Märkte und Passagen zwischen Stureplan, Norrmalmstorg und Ostermalmstorg ab. Danach rumpelten wir mit der historischen Straßenbahn hinüber zum Djurgarden, vorbei am Nordiskamuseet und dem um die Ecke befindlichen Vasa-Museum. Auf einen Besuch dieser Berühmtheiten mussten wir leider verzichten. Schließlich landeten wir im Tivoli, der uns weniger begeisterte, vermutlich eine altersbedingte Empfindung. Unsere Straßenbahn konnte kurz nach dem Überqueren der Inselbrücke wegen eines liegengebliebenen Touristenbusses nicht mehr weiterfahren. Also wurden die Fahrgäste ausgeladen und aufgefordert, den Rest der Strecke auf eigenen Füßen zurückzulegen. Und so kam es, dass wir auf die Museumsrundgänge verzichteten. Eigentlich sehr schade, doch der dumme Pannenbus...
Letzter Tag in Stockholm: Wir gönnten uns eine große Schiffsrundfahrt "Unter den Brücken von Stockholm". Fast zwei Stunden waren wir unterwegs und bereuten davon keine Sekunde. Wir passierten 15 Brücken und 2 Schleusen, schwammen auf der Ostsee und auf dem Mälaren-See, vorbei an allen bekannten Gebäuden der Stadt. Nicht nur die Schönheit des Venedigs des Nordens hinterließ begeisternde Erinnerungen, auch der u.a. in deutscher Sprache erklärende Fahrtbericht vermittelte eine Masse an Informationen über Geschichte und Gegenwart Stockholms und Schwedens. Nach der Rundfahrt ließen wir unseren Hauptstadtbesuch noch ein wenig gemütlich-sentimental ausklingen, um uns für den nächsten Tag auf neue Ziele einzustimmen.
Immer wenn wir nach dem Ziel unserer Reise gefragt wurden, gaben wir den Siljan-See nordwestlich von Stockholm an, die nächste Station unserer Südschwedenreise. Unter den avisierten Auswahlplätzen fanden wir einen auf der Insel Sollerön im nördlichen Teil des Sees: Sollerö Familjecamping in Sollerön / Siljan.
War es Zufall, Glück oder beides - wir hatten das große Los gezogen. Ein landschaftlich herrlich gelegener Platz mit phantastischer Aussicht auf einen See, der unter den von uns bereisten Naturschönheiten einen besonderen Stellenwert eingeräumt bekommt. Noch lange nach der Reise schwärmen wir von dem Blau des Wassers und des Himmels, den unendlichen weißen Wolkenfeldern und dem tiefen Grün der vielen Inselchen.
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Wir umrundeten den See, besuchten die schönen, kleinen Städtchen an seinen Ufern, fuhren stundenlang durch endlose Wälder und genossen Ruhe, Erholung und Naturerlebnisse pur. Der erste Ausflug führte uns nach Mora, einem Urlaubsort angenehmster Art. Hier endet der jährliche Wasa-Lauf zu Ehren des Freiheitkämpfers und späteren schwedischen Königs Gustav Eriksson Vasa. Im Museum konnten wir ein bisschen Vasaloppet-Fluidum vom längsten Skirennen der Welt schnuppern.
Hier im Vasa-Country muss man einfach länger bleiben, was uns mit nur 4 Tagen leider nicht gegönnt war. Trotzdem blieb Zeit, die Gegend ein wenig kennen zu lernen. Der Siljan ist bekannt für seine Mittsommerfeiern, die während unserer Besuchszeit überall vorbereitet wurden. Es reisten auch viele deutsche Touristen an, die das Fest miterleben wollten und füllten den bisher wunderschön leeren und ruhigen Campingplatz mit Wohnmobilen und prallem Leben. Nicht alle waren richtige Camper, aber es gibt ja eine Zeit nach dem Feiertag - diesmal (!) leider ohne uns.
Wir waren einfach zu früh hier. "M/S Gustav Wasa" hatte seine Kreuzfahrten auf dem See noch nicht aufgenommen, das berühmte Musik- und Kulturfest rund um den Siljan fand erst einen Monat später statt, was auch für viele Feste und Feiern zutraf, die erst in der Hauptsaison starten. Und zum Baden war es für uns mittelmeerverwöhnte Fröstlinge noch zu kalt.
In den riesigen Wäldern suchten wir stundenlang nach Elchen. Obwohl es hier von den Herren des Waldes nur so wimmeln sollte, bekamen wir nicht ein einziges dieser possierlichen Tierchen zu Gesicht. Dafür durften wir in die Äugelein eines großen Bären gucken. Nicht nur in die Augen eines dieser mächtigen Tiere, sondern gleich einer Vielzahl sogar unterschiedlich großer Exemplare, wie Braunbären, 600 kg schwere Kamtschatka-Bären und spielende Kleinbären mit ihrer Mutter: Im Orsa Grönklitts Bärenpark. Hier in ihrem natürlichen Milieu fühlen sich Bären, Luchse, Eulen, Wölfe, Füchse und sibirische Tiger wohl. Der Besucher kann auf einem ansteigenden Weg das Gelände erklimmen und die Tiere in freier Wildbahn beobachten. Putzig, wie die vor wenigen Monaten geborenen Bärenkinder auf dem Hang herum kullerten, von jungen Bäumchen purzelten und mit Kieselsteinen spielten. Die Mama sah es gelassen und die anderen Petze tummelten sich im Badeteich oder im dichten Unterholz des Wäldchens. Erst als die Bären sich in andere Gefilde zurückzogen, ergriffen die Füchse Besitz vom Revier. Die Tiger rekelten sich auf der anderen Seite des Weges müde in der Sonne und beäugten scheinbar gelangweilt die glücklicherweise wegen der Vorsaison noch wenigen Besucher.
Eigentlich wollten wir im Tomteland den Weihnachtsmann und seine Helfer besuchen, aber im Frühsommer hält der noch seinen verdienten Ruheschlaf und zeigt sich erst im Hochsommer. Also erkletterten wir den Berg oberhalb der Weihnachtsidylle und wurden mit einem unvergesslichen Blick über den Siljan und seinen vielen Inseln belohnt.
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Nach der Weltausstellung 1939 in New York begann der Siegeszug des Dalapferdchens als schwedisches Warenzeichen. Einst von den Waldarbeitern während der langen Winterabende in den Hütten am wärmenden Herdfeuer geschnitzt, verließ es sein Spielzeugdasein und wurde ein Verkaufsschlager in den Dörfern um Mora, später in ganz Schweden und schließlich weltweit. Man kann das bunt bemalte Pferd überall in Schwedens Souvenirläden kaufen, aber nur in Nusnäs, einem Dörfchen gegenüber der Sollerön-Insel kann man mit eigenen Augen sehen, wie ein richtiges Dalapferd entsteht. Wir waren dabei, wie aus einem Rohstück in reiner Handarbeit das Pferdchen geschnitzt, farbgebadet und schließlich freihändig mit großem Geschick bemalt wurde.
In verschiedenen Ausstellungen bewunderten wir die Kunstfertigkeit der Handwerker und wussten nicht, für welches der unzähligen kleinen Schnitzwerke wir uns entscheiden sollten. Jedenfalls wurden es einige mehr, als wir ursprünglich zu erwerben gedachten. Ach ja, einige Elche aus Künstlerhand traten ebenfalls die Reise zu uns nach Hause an.
Wir verließen Darlana und bewegten uns südwestwärts ins Dalsland nach Mellerud am riesigen Vänern-See. Vita Sanders Camping war unser Ziel. Wegen des bevorstehenden Mittsommerfestes konnte man uns aber nur eine Nacht beherbergen, weswegen wir es vorzogen, nach einem anderen Platz Ausschau zu halten. Der schwedische Campingführer verriet uns, dass am anderen Ende der Stadt ein kleiner Platz liegen sollte und das Navi lotste uns sicher zu Kerstins Camping in Mellerud.
Ein romantisches Plätzchen, wie wir es lieben: familiäre Atmosphäre, übersichtlich, gepflegt, inmitten einer ruhigen Naturlandschaft. Nur ein blauer Badesee fehlte noch zur vollendeten Idylle. Hier erlebten wir die Mittsommerfeier: Baumschmücken, Folklorenachmittag unterm Mittsommerbaum und abendliche Geselligkeit. Vor die in verschiedenen Reiseberichten gewarnten nächtlichen Ausschweifungen blieben aus. Man feierte in fröhlicher Runde. Jeder trug auf seine Art zum leiblichen Wohl bei und hielt aus, solange es die Kondition erlaubte. Neben uns feierten zwei Norweger fröhlich tanzend und singend. Einer der nicht mehr ganz jungen Männer tanzte mit sich stundenlang im Vorzelt, der andere versuchte mit bewundernswerter Ausdauer eines seiner Beine von außen auf das Vorzeltdach zu werfen. Irgendwann waren sie so erschöpft, dass sie trotz noch gefülltem Kasten mit "richtigem" Bier ermattet in den Schlaf sanken. Die Volkstanz- und Musikgruppe hielt es in ihrem Caravan etwas länger aus, was aber nur am Fensterlicht zu erkennen war. Manchmal tönte eine Lachwelle herüber, dann war wieder Ruhe. Das war´s dann von der Mittsommerfeier. Die meisten erst tags zuvor angereisten schwedischen Camper waren am Sonntag wieder verschwunden und der Platz versank in seine alte ruhige Gemütlichkeit.
Wir nutzten den Tag, die weitere Umgebung zu erkunden und folgten dem Dalsland-Kanal auf dem Straßenwege. Leider konnten wir den ursprünglichen Plan nicht verwirklichen, mit dem Schiff nach Haverud und Bengtsfors zu fahren und den Rückweg per Schienenbus aus den 50er Jahren zu bewältigen. Derzeit fuhren weder Schiff noch Bahn, es war noch nicht Hochsaison. Dafür fuhren wir mit dem Auto vorbei an idyllischen Seen, durch unberührte Wildnis, kleine Orte und wunderschöne Naturhäfen.
Höhepunkt war die Fahrt über eine enge Straße von Haverud nach Tisselkog, dem Brudfjällsvägen. "Kurvenreichste Straße Schwedens" sagen die Eiheimischen und "Spaßstrecke", was wir freudig nachempfinden konnten. Dreidimensional führte uns die Berg- und Tal-Achterbahn von Haverud bis fast nach Bengtsfors. Da kam Freude auf, sodass wir uns das Vergnügen in den nächsten Tagen sogar ein zweites Mal gönnten. Selbstverständlich besichtigten wir auch das technische Wunderwerk in Haverud: Das berühmte Aquädukt mit seiner Kanal-Eisenrinne über den Stromschnellen und den darüber verlaufenden Brücken für Autos und Eisenbahn. Zugegeben, ein bisschen gewaltiger hätten wir uns das Ganze schon vorgestellt, das tat aber der Bewunderung für die technische Leistung seiner Erbauer aus dem 19. Jahrhundert keinen Abbruch. Ebensowenig wie es die vorgeschichtlichen Felsenbilder von Högsbyn bei Tisselkog am Ravarpensee taten.
Nicht zufällig führte uns schon der erste Ausflug nach Ed, einem Städtchen nahe der norwegischen Grenze. Hier sollte es einen Elchpark geben, in dem man die Könige der Wälder in freier Natur bewundern könne. Und tatsächlich fanden wir gegenüber einem Campingplatz die Moose Ranch, in der einige dieser prächtigen Tiere leben. Da wir fast die einzigen Besucher der Ranch waren, kamen wir in den Genuss einer ganz persönlichen Führung durch den Rancher, der uns mit den Tieren bekannt machte. Wir konnten sie aus allernächster Nähe betrachten und sogar anfühlen. Ein einmaliges Erlebnis!
Dass wir eine ähnliche Begegnung zwei Tage später im Dalslands Aktiviteter bei Steneby haben sollten, ahnten wir hier noch nicht. Eigentlich wollten wir nur die schöne Seengegend erkunden, als wir vor einer Art Farm standen, die durch an einem Tor angebrachte Elchschilder unsere Aufmerksamkeit erregte. Ein zufällig deswegs kommender Baumaschinenfahrer, der sich als Parkwächter entpuppte, schloss das Tor auf und ermunterte uns, das Gelände zu betreten. Wie sich herausstellte, sollte der Abenteuerpark erst in den nächsten Tagen geöffnet werden, wir durften heute schon: wunderschöne Elche besichtigen, streicheln und mit Äpfeln füttern.
Hier begegnete uns übrigens die erste und einzige der für Schweden so berüchtigten Mücken. Es dauerte nicht lange und weitere Besucher fanden sich ein, natürlich deutsche Touristen auf den Spuren der Waldkönige. Und diesen gedachten wir auch weiter auf freier Wildbahn zu folgen. Elche hatten wir nun gesehen, aber noch nicht in freier Natur, im Wald, wild und ohne Zutraulichkeit. Deshalb fuhren wir an die Südspitze des Vänern zum Ökopark Halle-Hunneberg. Es handelt sich um zwei Tafelberge, dem Halleberg und dem Hunneberg. Man nennt das Bergpärchen auch Berg der Elche, weswegen jedes Jahr Scharen von Touristen hierher anreisen, um den stattlichen König der Wälder zu sehen, der hier stark verbreitet sein soll. Das Gebiet ist alle 2 Jahre Schauplatz der königlichen Elchjagd. Wo also, wenn nicht hier? Wir begaben uns wieder einmal auf Elchsafari und befuhren die Straße auf den Halleberg, die das Waldgelände durchzieht. Man soll mit dem Auto fahren und möglichst nicht aussteigen. Die scheuen Tiere wären an die Fahrzeuge gewöhnt, flüchteten aber vor herumlaufenden Menschen. So sehr wir auch ausschauten, die Safari blieb bis auf ein gesichtetes Reh eine Enttäuschung. Für den größeren Hunneberg hatte man uns wenig Hoffnung auf zu sichtende Elche gemacht, da der Fahrweg die Waldfläche umrundet und man nur zu Fuß das Innere erwandern kann. Die Hoffnung stirbt nie, wir fuhren trotzdem. Und als wir schon aufgeben wollten, standen sie unvermittelt vor uns: Eine Elchkuh mit ihrem Jungen und ein weiteres prächtiges Tier. Langsam zogen sie sich in den Wald zurück, zu schnell, um den Fotoapparat zu aktivieren. Wir verweilten noch einige Zeit an der Stelle, versicherten uns mehrfach, die Tiere auch wirklich mit eigenen Augen gesehen zu haben und fuhren schließlich aufgeräumter Stimmung weiter zum nicht mehr weit entfernten Elchmuseum. Seitdem gönnen wir uns einen Elchaufkleber am Caravan zur Erinnerung an eine unvergessliche Begegnung mit den Königen der nordischen Wälder.
Den letzten Tag unseres Hierseins verbrachten wir mit einer ausgedehnten Rundreise bei miesem Wetter entlang des Vänern. Wir suchten nach einer Stelle mit fotogenem Ausblick auf des gewaltige Gewässer. Man glaubt nicht, wie schwierig es ist, in der Umgebung von Mellerud einen attraktiven Seeblick zu erhaschen. Es gelang uns aber trotzdem. Schöner noch waren die vielen Ausblicke auf kleinere Seen im Hinterland, wir veranstalteten eine richtige Fotojagd auf die besten Motive und hatten unsere helle Freude daran.
Nun hieß es wieder einmal Abschied nehmen von einer liebgewonnenen Landschaft. Entlang der Nordseeküste führte die Fahrt nach Ängelholm auf Råbocka Familjecamping, wo wir uns auf den Besuch des Eisenbahnmuseums freuten. Wir sollten nicht enttäuscht werden und verbrachten einige Stunden in dem kleinen, aber attraktiven Museum hinter dem Bahnhofsgelände.
Dass wir nebenbei die Stadt und Umgebung, hauptsächlich aber die Nordseeküste in Augenschein nahmen, sei nebenbei erwähnt. Wir erkannten, dass es auch hier noch eine Menge interessanter Fleckchen und Sehenswürdigkeiten zu erkunden gab, aber diesmal musste Schluss sein.
Die Reise durch Südschweden ging ihrem Ende entgegen. Bei Malmö überquerten wir die gewaltige Öresund-Brücke und die später folgende Brücke über den Großen Belt. Diese Highlights hatten wir uns als Abschluss der Südschwedenreise aufgehoben. Glücklicherweise legte der seit Tagen tobende Sturm ausgerechnet am Tage unserer Überfahrt einmal eine Pause ein, sodass wir die Fahrt in voller Konzentration auf die Bauwerke genießen konnten.
In Dänemark fanden wir einen schön gelegenen Campingplatz bei Middelfart am Kleinen Belt direkt am Strand des Gamborg Fjords: Ronæs Strand Camping in Ronæs bei Nørre Åby / Fyn.
Für die Erkundung der Umgebung musste leider ein Tag ausreichen, bevor es weiterging nach Deutschland.
Mit dem Grenzübertritt nach Dänemark bemerkten wir schmerzlich, dass sich der gemächliche Fahrstil der Schweden nicht überall in Skandinavien erhalten hat. Es wurde auf den Autobahnen deutlich ruppiger und verbissener gefahren. Seltsamerweise kam es uns später in Deutschland wieder lockerer vor. Das kann aber auch eine Sache der Gewohnheit sein.
Letzte Station unserer Vierwochenreise war ein kleiner Campingplatz nahe der Autobahn bei Holle:Seecamp Derneburg in Holle-Derneburg.
Wir gerieten auf einen schönen Übernachtungsplatz unter neuer Leitung, was man an der Freundlichkeit sofort bemerkte und schlossen unsere Reise mit einem köstlichen Abendessen ab, bevor wir die letzten Straßenkilometer unter die Räder nahmen.
Wir hatten im Juni 2008 sieben schwedische Campingplätze besucht. Überall fielen die großen Stellflächen und sauberen Sanitäranlagen auf. Sauberkeit war überhaupt ein Gebot auf allen Plätzen. Beispielsweise muss das Abwasser in geschlossenen Behältern gesammelt und an besonderen Ausgüssen entsorgt werden. Auf einigen Plätzen wurde gebeten, die Wasch-, Dusch-und Toilettenräume nur ohne Schuhe zu betreten. Die Anzahl der Toiletten war überall knapp bemessen, oft waren sie schon recht in die Jahre gekommen. Toilettenpapier fehlte nie. Da die Saisonzeit in den nördlichen Gefilden relativ kurz ist, sind im Juni die meisten Plätze noch nicht voll in Betrieb. Das äußert sich nicht nur in den noch nicht geöffneten Serviceeinrichtungen oder fehlenden Angeboten, sondern auch in unbesetzten Rezeptionen. Aber immer wurden Ersatzlösungen angeboten. In einem Falle stand das Rezeptionsbüro mit kleinem Verkaufsraum sogar angelweit offen und wurde erst kurz besetzt, als wir nach längerem Suchen eine Platzangestellte fanden. Vielleicht ist es ein Teil schwedischer Mentalität, den Besuchern grenzenloses Vertrauen entgegen zu bringen. Auf fast allen Plätzen wurden wir nach der Skandinavien-Card gefragt. Wir hatten sie uns per Internet vor der Reise zuschicken lassen. Auf dem zweiten Campingplatz kauften wir für 125 skr den kleinen Aufkleber, der der Card für das Jahr 2008 ihre Gültigkeit bestätigte. Eine auffallende Besonderheit sind die voll eingerichteten und oft sehr modernen Küchen mit Backofen, Mikrowelle, Kochplatten und manchmal sogar Kaffeemaschinen. Für den anreisenden Gast ist vor den Plätzen eine gesonderte Check-In-Spur angelegt, eine recht angenehme Einrichtung für die Orientierung des Gespannfahrers. Bei der im europäischen Vergleich günstigen Preisgestaltung wird in der Regel nach Stellplatz ohne Personenzahl abgerechnet, was eine gute Regelung für Familien darstellt. Dauercamper erkennt man nur an voll eingerichteten Caravans mit dazugehörigem Vorzelt, aber fehlenden Bewohnern. Die aus Deutschland bekannten abgegrenzten, kleingartenkolonieartigen Stellflächen gab es auf keinem der von uns besuchten Campingplätze. Man dachte manchmal, der Platz sei voll belegt wegen der vielen Wohnwagen und staunte dann, dass man sich fast allein auf dem großen Gelände befand. Zur Mittsommernacht wird es auf den großen Plätzen eng. Hier haben die Schweden und inzwischen auch Ausländer reserviert, um das Fest in der Gemeinschaft zu begehen. Auch kleinere Plätze füllen sich um das Feiertagswochenende. Freitag geht es los mit folkloristischen Veranstaltungen, dem schließt sich der gesellige Teil mit Tanz, Speisen und Getränken bis in den nächsten Morgen hinein an. Am nächsten Tag feiert man nach, um am Sonntag den allgemeinen Aufbruch folgen zu lassen. Und plötzlich ist der soeben noch ausgebucht gewesene Platz verwaist.
Was war noch anders in Schweden? Obwohl wir uns mit jeder Menge Mückenschutzmitteln eingedeckt hatten, gab es im Juni keine dieser Viecher. Uns sollte es recht sein. Angenehm empfanden wir das Fehlen von sogenannten Mittagsruhezeiten. Man musste nicht ewig warten, bis sich endlich die Einlassschranke öffnete, wenn man einmal etwas früher angereist war. Andererseits konnte man zu jeder Zeit mit dem Fahrzeug die Camps verlassen, ohne auf irgendwelche Schließzeiten Rücksicht nehmen zu müssen. Gestört fühlte sich ohne Ruhezeiten offensichtlich niemand. Uns fiel auf, dass die schwedischen Platzverwalter großen Wert auf Abstand zwischen den einzelnen Caravans oder Wohnmobilen legten. Mindestens drei Meter mussten es schon sein, um den Brandschutz und auch die Privatsphäre zu gewährleisten. Alles in allem: Schweden ist ein angenehmes Campingland, wir kommen bestimmt einmal wieder.
Abschließend noch einige Bilder, die uns das Land in besonderer Erinnerung bleiben lassen werden.
unsere Seiten wurden letzmalig geändert am 04.11.2016