Der Werktätige hatte sogar verschiedene Auswahlmöglichkeiten bei der Beschaffung eines Urlaubsplatzes:
Da war zunächst die billige Variante über den FDGB (Gewerkschaft). Alle paar Jahre kam es sogar vor, einen der begehrten Ostseeplätze zu ergattern.
Das staatliche Reisebüro DER verkaufte ebenfalls Unterkünfte, allerdings verbunden mit viel Rennerei.
Manche Betriebe oder Institutionen hatten eigene Ferienunterkünfte in landschaftlich reizvollen Gegenden. Als da waren: Bungalows auf Zeltplätzen, Bauwagen an Talsperren und Seen, Austauschplätze in Schulräumen oder sogar hübsch eingerichtete eigene Betriebsferienheime. In einigen Fällen gab es derartige Unterkünfte auch in den sozialistischen Bruderstaaten.
Saaletalsperre Hohenwarte
Templin
Lübbe-See
Wer einen der begehrten Urlaubsplätze erkämpft hatte, stand monatelang unter freudigem Erwartungsstress. Was dann kam, entsprach oft weniger den an sich schon klein gehaltenen Vorstellungen und Wünschen:
Essen zu festen Zeiten ohne viel Wahlmöglichkeiten,
Essenbons, mit denen man beliebige Gaststätten aufsuchen konnte, aber meist das nehmen musste, was noch vorhanden war,
gestresstes und übellauniges Personal mit Platzierungswut,
lange Wege zwischen Schlaf- und Futterstelle,
Kulturangebote, die der sozialistischen Erziehung des Menschen dienten wie Zeltkino, Lichtbildervortrag oder Gemeinschaftsausflug unter gewerkschaftlicher Führung,
manchmal auch niveauvolle und aufmerksame Betreuung durch liebevolle Gastgeber und bemühte Mitarbeiter des FDGB, des Reisebüropartners oder des Betriebes.
Ostsee 1970
Warnemünde 1970
Kühlungsborn 1970
Da wir weder den BGLler (Gewerkschaftsfunktionär des Betriebes), noch den Damen im Reisebüro und auch nicht den dienstlichen Vorgesetzten schmieren wollten, beschlossen wir eines Tages kühn und verwegen, die totale Freiheit auf dem Campingplatz der staatlich gelenkten Urlaubsführung den Vorzug zu geben.
Der Gedanke war wirklich kühn. Zunächst einmal musste eine Zeltausrüstung besorgt werden, das gelang über ein Leipziger Versandhaus (so etwas gab es auch in der DDR!).
Camping Drognitz
Ückeritz auf Usedom
Camping Templin
Dann hieß es, einen geeigneten Campingplatz zu finden. Dafür gab es einen kleinen Campingplatzführer, in dem alle DDR-Plätze aufgelistet waren. Und schließlich musste man sich eine Art Antrags– und Antwortkarte bei der Post besorgen, mit der (und nur mit der) man sich um einen Platz seiner Wahl für einen Aufenthalt bewerben konnte. Für die heiß begehrten Ostseeplätze musste ein andersfarbiges Formular verwendet werden. Das Bittschreiben ging dann an eine zentrale Vermittlungsstelle, die einem nach gewisser (meist längerer) Zeit eine Bestätigung, Terminänderung oder Ablehnung zukommen ließ.
Wir hatten mit unseren Inlandwünschen fast immer Glück. Einen Ostseeplatz zu erringen, gaben wir nach einem einmaligen Glückstreffer in der Folgezeit kampflos auf.
unsere Seiten wurden letzmalig geändert am 04.11.2016