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Es ist wieder Juni und der Norden Skandinaviens lockt. Diesmal haben wir kein konkretes Ziel in der Planung. Der Weg wird zum Ziel erkoren. Es soll aber nicht viel weiter als bis an den Polarkreis gehen. Wir möchten einige lieb gewordenen Gegenden wiedersehen und bekannte Straßen befahren, dabei die endlosen Wälder vorbeiziehen sehen und den Anblick der unzähligen wunderschönen Seen genießen. Für uns ist Finnland am Schönsten im Norden, in Lappland. Es sind die einsamen, schnurgeraden, die Landschaft durchziehenden Straßen, die suchenden Blicke auf der Jagd nach Elchen, die Begegnung mit den umherstreifenden Rentieren und die Sami in ihren bunten Trachten. In Höhe Rovaniemis werden wir den Polarkreis überfahren und den Bottnischen Meerbusen umrundet haben. Danach soll es im Schwedischen wieder Richtung Süden gehen mit möglichst vielen Aufenthalten an interessanten Orten und Landschaften.
Selbstverständlich möchten wir auch die Feierlichkeiten zur Mittsommernacht erleben. Nicht ganz nebenbei freuen wir uns auf drei Fährpassagen über die Ostsee.
Und so ging es los: Wir verließen das im Regen zu versinken drohende heimatliche Thüringen, und fuhren nach Rostock in den Hafen und direkt auf die Nachtfähre nach Trelleborg. Pünktlich zog die "Scåne" der Stena-Line ihre Fahrt durch die bewegte Ostsee, letzteres war aber an Bord kaum spürbar, und pünktlich legten wir in Trelleborg an.
Jetzt hatten wir den ganzen Tag Zeit, einen Campingplatz anzusteuern. Den fanden wir in Tranås direkt am See Sommen mit Hättecamping. Das ging schon einmal angenehm los: Ein schöner Stellplatz, nettes Personal – Schweden hieß uns herzlich Willkommen. Aber Hätte-Camping war nur als erste Zwischenstation zum Fährhafen Kapellskär, etwa 100 km nördlich von Stockholm, gedacht. Das Gespann schlängelte sich durch das Autobahnlabyrinth von Stockholm, bis es wieder gewohnt ruhiger außerhalb der schwedischen Hauptstadt wurde. Nur einen Kilometer vom Fährhafen befindet sich ein kleiner Campingplatz, den man über ein schmales unbefestigtes Wegchen erreicht. Vom Hafen her ist die Platzzufahrt ausgeschildert, bei der anderseitigen Anfahrt von der Straße her kann man sich ruhig auf das Navi verlassen, egal von welcher Seite, die Fahrbahn wird nicht besser. Camping Kapellskär ist ein idealer Übernachtungsplatz für Camper, die mit einer der Fähren übersetzen möchten. In wenigen Minuten hat man das Hafengelände erreicht. Der Hafen: Welch Wunder, weit und breit kein Ort in Sicht, aber einige Kilometer entfernt gibt es eine Tankstelle neben einem Landhandel-Markt. In den Hafen führen von der Hauptstraße drei Einfahrten. Man sollte sich genau informieren, damit man nicht etwa im Estland-Terminal landet.
Warum Kapellskär? Von hier aus legen die Fähren zu den Ålandinseln und nach Finnland ab. Wir wollten die Ålandinseln bei Tag genießen und nach Finnland übersetzen. Das hieß, frühe Abfahrt und noch so zeitig ankommen, dass man den Campingplatz im finnischen Naantali erreicht. Aber noch angenehmer ist, dass die Fähre nur LKW und Personen mit Fahrzeugen befördert, also keine Reisenden in die zollfreie Åland-Region mit Unterwegsaufenthalt zwecks Besäufnis-Tour wie auf den Nur-Åland-Routen. Stattdessen Beförderung durch die Ålands in ruhiger, gepflegter Atmosphäre mit zwei im Preis inbegriffenen Mahlzeiten vom reichlich ausgestatteten köstlichen Buffet. Die Finn Line-Reederei gibt sich alle Mühe, ihren Gästen eine angenehme Passage zu ermöglichen.
Gemächlich bahnt sich die riesige "Finneagle" ihren Weg durch das Labyrinth unzähliger Inseln des Åland-Archipels, vorbei an baumbewachsenen Eilands, nur Weniges aus dem Wasser ragenden Schären und winzige kreisrunde Pirateninselchen aus Kindertraumzeiten. Aus den Panoramafenstern der Fähre betrachtet, scheinen die Inseln lautlos heran und dann vorbei zu schweben. Manchmal sind sie so nahe, dass man sie berühren möchte.
Das Wetter meinte es nicht gut mit den Reisenden. Kalter Wind und Dauerregen, dazu aufgepeitschte See brachten das Schiff in Schaukelbewegungen und verhinderten jeden Außenaufenthalt. Und so musste die fantastische Inselwelt durch die verregneten Schiffsfenster bestaunt werden, was der Bewunderung ihrer Schönheit aber nur wenig abträglich war. Aber dann hatte der Wettergott plötzlich ein barmherziges Einsehen, die Wolkendecke riss auf und ließ die Sonne erstrahlen. Endlich zeigten sich die Inseln in ihrer ganzen Pracht, boten sich als Postkartenmotiv den Fotografen und Amateurfilmern, oder nur zum Bestaunen den stillen Betrachtern an Bord der Fähre.
In Naantali angekommen, steuerten wir den vom Hafen gut ausgeschilderten Camping Naantali an. Die Anlage wurde den Gegebenheiten eines Berges naturbelassen angepasst.
Das heißt, es geht auf und ab, hauptsächlich aber hinauf. Ein sich nach oben schraubender Rundweg, der dann wieder abwärts zum Ausgangspunkt führt, ist noch leicht befahrbar, auch wenn für breitere Gespanne vorsichtiges Fahren mit Rückspiegelsicht angebracht ist. Aber dann führt ein Abzweig hinauf auf die höchste Erhebung mit schwunghafter Anfahrt. Warum der Rezeptionsmensch ausgerechnet Gespanne in die Hochalm schickte, obwohl weiter unten noch Stellplätze frei waren, bleibt sein Geheimnis. Wenigstens bestand er darauf, dass man nicht den kürzesten Fahrweg wählen, sondern wegen einer sehr scharfen Kurve lieber den Rundweg in Uhrzeigerrichtung befahren sollte.
Nach Verlassen des Stellplatzes auf Naantali fuhren wir die Bergstrecke hinunter, nahmen trotzig die erwähnte scharfeKurve und hielten unten an der Rezeption kurz an. Wenige Meter nach der Weiterfahrt löste sich der Caravan plötzlich von der Anhängerkupplung und drohte, unser Zugfahrzeug zu überholen. Er scherte nach links aus, dabei trat das Bremsseil in Aktion und löste die Hängerbremse aus. Trotzdem stieß der Caravan an die nunmehr freie Autoanhängerkupplung und riss sich die rechte untere bis mittlere Seite auf. Dabei löste sich die Elektroverbindung und brach die Kabelaufhängung des Autos ab, sodass die PKW-Steckdose lose an der Kabelleitung hing. Der Schockschreck fuhr uns in alle Glieder. War das nun das Ende unserer Urlaubsreise? Nachdem wir den Caravan über die Bugradkurbel wieder auf die Hängerkupplung heben konnten, stellten wir fest, dass die E-Verbindung noch funktionstüchtig war. Nach provisorischer Befestigung der Kabelverbindung konnte die Reise fortgesetzt werden. Langsam, ganz langsam löste sich die Erstarrung aus Köpfen und Gliedern.
Der Versuch, Hilfe in einer Werkstatt des Ortes unseres nächsten Campingplatzes zu erhalten, scheiterte wegen fehlendem Ersatzteil für die Steckdosenhalterung, fehlender Zeit und Lust für eine Improvisationslösung. Also mussten wir uns selbst was einfallen lassen.
Auf dem Campingplatz befestigten wir die mit dem Kabel verbundene PKW-Steckdose mittels Klebeband, Kabelbinder und Draht seitlich am Haken der Hängerkupplung des Autos. Außerdem verklebten wir die aufgerissene Seite und die dort entstandenen offenen Stellen zum Schutz vor Nässe mit entsprechendem Klebeband. Die Weiterreise war gesichert.
Der angefahrene Campingplatz hieß Ähtäri Zoo Camping. Der Platz gehört zu den Top Campings Finnlands, von denen es nur 8 geben soll. Obwohl nicht vergleichbar mit anderen Campings der gehobenen Klasse in Europa, ist er für die einfachen finnischen Standards gut ausgestattet und eingerichtet. Er liegt ca. 6 km außerhalb der Stadt Ähtäri unmittelbar neben dem Zoo, zu dem er über einen Seiteneingang direkten Zugangang hat, sodass dem Camper der ca. 2 km weite Weg zum Haupteingang erspart bleibt und er 50m ab dem Camping den 3 km langen Rundgang beginnen und beenden kann. Die Anmeldung und Bezahlung (10 € /Person) kann man direkt in der Rezeption vornehmen. Nach ausgedehntem Zoorundgang mit der einzigen - leider nicht auf freier Wildbahn - Elchbegegnung im Finnischen, reisten wir weiter nach Vuokatti auf den Camping Naapurivaaran Lomakeskus.
Campingplätze in Finnland liegen fast alle an einem See, schließlich gibt es im Land ja weit mehr Seen als Campingplätze. Sauna und gut ausgestattete Küchen findet man überall. Und die Anzahl der Toiletten ist aus Sicht der Nichtskandinavier unterdimensioniert. Aus unserer Erfahrung sind die allermeisten Plätze bei ihrer Planung und Erstausführung funktionell und attraktiv gedacht angelegt. Inzwischen hat aber die Zeit an der Attraktivität genagt. Die Sanitäranlagen sind oft in die Jahre gekommen und können nicht mithalten mit der Standardplätzen im Resteuropa. Erneuerung der Anlagen und Modernisierung werden selten vorgenommen – Leider! Naapurivaaran Lomakeskus Holiday Centre scheint uns ein Protobeispiel für unsere gefühlten Erfahrungen zu sein. Der Platz ist schön angelegt, die noch immer ebenen, aber bei näherem Hinsehen recht durchfurchten Wiesenflächen unter hohen Bäumen bieten einen angenehmen Anblick, aber: Hier scheint sich kein Mensch um die Pflege des Gesamtbildes zu kümmern. Bei der Einfahrt blickt man auf ein hübsch anzusehendes Empfangsgebäude. Geht der Blick aber auch nur um ein Geringes daneben, erschrickt der Gast über eine Unordnung, die er selbst im nachsichtigsten unaufgeräumten Kinderzimmer verzweifeln lassen würde. Leider setzt sich der unangenehme Eindruck fort bei Betrachtung der Kinderspielanlagen. So viel Unkraut im Sandkasten wächst nach urlaubswochenlanger Abwesenheit auf unseren Gartenbeeten nicht. Hinzu kommen Geräte, die lange Zeit keine technisch pflegende Hand gesehen haben. Es waren aber mit Sicherheit keine Kinder, die die Grillhütte in einen absolut unbrauchbaren Zustand versetzt hatten. Ob der demontierte Gasgrill eine Gefährdung der Hüttenbesucher darstellte, entzog sich sicherheitshalber unserer Neugier. Nun gut, wir hatten keine Kinder im Spielalter dabei und den einst hübsch angelegten Platz wollten wir nicht mit Missachtung strafen. Die nette junge Frau in der Rezeption erklärte uns bei der Anmeldung, dass es in der Nacht laut werden wird, weil ein Musikfestival auf dem Platz stattfinden würde. Wir checkten trotzdem ein. Kurz danach begannen die Musiker ihre Mikrofonproben. Uns schwante Arges. Als es dann in den späten Abendstunden losging, hämmerten die Bässe der aufspielenden Bands in die Nacht. Doch o Wunder, man konnte entgegen anderer Erfahrungen auf südländischen Animationsplätzen Melodien heraushören. Na, es geht doch! Und so überstanden wir die Nacht mit angenehmer musikalischer Untermalung unserer Träume, wenn es sie dann gab.
Unser weiterer Weg führte uns in die Unendlichkeit der finnischen Wälder. Es war, wie im eingangs Beschriebenen: Die einsamen, schnurgeraden, die Landschaft durchziehenden Straßen, die suchenden Blicke auf der Jagd nach Elchen und die Begegnung mit den umherstreifenden Rentieren. Nur die in ihre Trachten gekleideten Samen wollten sich nicht blicken lasse, Elche übrigens auch nicht. Unterwegs trafen wir auf einer riesigen Moorwiese, mitten im Schoß der Wildnis das "Stille Volk", eine nahezu tausendköpfige Figurengruppe des Künstlers Reijo Kela.
50 km vor Kuusamo fanden wir mitten im finnischen Wald Kylmäluoma Camping, fernab jeder Stadt. Das ist Finnland: Waldeinsamkeit und doch nicht allein, mitten in der Wildnis ein Camping mit gepflegten Einrichtungen, Gastronomie und netten Leuten. Die meisten von ihnen sind Angler und Treckis, sie sehen wildromantisch aus und sind im zivilen Leben mit Sicherheit ganz gesittete Typen.
Und wir fuhren weiter auf endlosen Straßen Richtung Norden, vorbei an romantischen Seen und ewigen Wäldern, hinein ins Lappländische.
Wieder war es ein Platz weitab jeder Stadt, der uns einige Tage in der Einsamkeit an einem romantischen See festhielt. Rovaniemi hatten wir hinter uns gelassen, mussten den seltsamen Arctic-Weihnachts-Circle aber dann doch einen Kurzbesuch abstatten, um ein lange gesuchtes Souvenir zu erwerben.
Camping Korvalan Kestikievari liegt zwar fern jeder städtischen Zivilisation, ist aber wegen seiner Lage an der E75, die überwiegend von den Nordkap-Touris, mit Reiseweg vorbei am Inari-See, befahren wird. Und einige von ihnen finden Camping Korvalan als Übernachtungsplatz, bleiben dann aber wegen seiner Niedlichkeit doch etwas länger als die avisierte Nacht, schon allein wegen der "gebootenen" Angelgelegenheiten. Trotzdem handelt es sich nur um einige wenige Camper, die im Laufe des Nachmittags auf dem Campingplatz eintrudeln. Und so gemütlich und zeitlos geht es hier auch zu. Uns amüsierten die vielen Huskys, die in einem Gehege am Platz ihre Späßchen trieben.
Es war an der Zeit, sich von Finnland, aber noch nicht ganz von Lappland zu verabschieden, schließlich gibt es auch im Schwedischen ein Stück Lappland. Finnland hatte sich auf dieser Reise von seiner nicht netten Seite gezeigt. Und dabei meine ich nicht unsere Caravanmisere auf dem ersten finnischen Campingplatz. Entgegen unserer Erfahrungen aus den letzten Jahren wimmelte es diesmal von Mücken, Gewitter, kurze Aufheiterungen und immer wieder Regen vermieste uns die eine oder andere Erkundungstour außerhalb der Campingplätze. Und am Ende des Finnlandtrips machte sich auch noch ein eiskalter Wind auf, scheinbar um uns und die Mückenplage zu verjagen. Scheinbar, weil unweit des Grenzübertritts nach Schweden der blaue Himmel samt Sonne nach tagelanger Abstinenz sichtbar wurde, um uns doch noch freundlich zu verabschieden.
Wir hatten die Ostsee - den Bottnischen Meerbusen – umrundet und schlugen wieder die südliche Richtung ein. Umwege über ewig schnurgerade durch die Wälder führende Landstraßen fahrend, kamen wir schließlich an der Westseite der Ostsee und in der städtischen Zivilisation namens First Camp Luleå an. Unser erster Besuch galt Gammelstads kyrkstad, dem uralten Zentrum des heutigen Luleå. Es handelt sich dabei um ein Kirchendorf und heutiges Weltkulturerbe. .
Um eine mächtige Steinkirche auf einem Berghügel drängen sich 400 kleine rote Holzhäuschen entlang enger Gassen. Die Stadt muss vom Handel mit Fellen und Lachs einmal sehr reich gewesen sein, wenn sich die Bewohner eine solch imposante Kirche leisten konnten. Wer wohnt hier? Gardinen, sichtbare Möbelstücke und Blumensträuße hinter den Fenstern, dazu einzelne, in den Sträßchen umherlaufende Menschen erweckten den Eindruck, die Gammelstad sei noch immer bewohnt. Erst beim näheren Hinsehen erkennt man, dass es sich um immer die gleiche Gardinenart und Kunstblumensträuße, sowie neugierige menschliche Besucher wie uns handelt. Doch nicht ganz so. Auf einigen Häuschen starren Satellitenschüsseln in den Himmel. Also wie nun? Schließlich ist die Kirche in Betrieb und ein Café entdeckten wir auch, ebenso vor einigen Häusern parkende Autos. Und auf einem Dach kletterte ein Handwerker herum und fügte irgendwelches Gebälk ein.
Wir weilten an einem für Luleå historischen Tag in der Stadt. Facebook eröffnete das erste außerhalb der USA befindliche Datenzentrum. Den Standort in der schwedischen Stadt nahe am Polarkreis wählte das Unternehmen wegen des kalten Klimas. Mit der "eisigen nordischen Luft" könnten die Server ohne großen Energieverbrauch gekühlt werden, teilte Facebook mit. Und wir waren – zumindest zeitlich – dabei.
Die schöne Anlage des riesigen Campingplatzes, auf der Seite gegenüber des in den Bottnischen Meerbusen mündenden Flusses Luleälv liegend, verleitete uns, einige Tage hier zu bleiben. Auch war es das Eisenbahnmuseum, welches unser besonderes Besuchsinteresse weckte, zumal es in der Saison vor Mittsommer nur zeitlich beschränkt geöffnet ist.
Wir verließen First Camp Luleå bei fiesem Regenwetter, das uns – wenn auch mit Unterbrechungen – seit Tagen begleitete. Wenigstens hatten die Mücken keine Lust nass zu werden und ließen uns weitgehend in Ruhe. Wir schlugen den Weg nach Arvidsjaur ein. Normalerweise hätten wir für die Strecke mindestens die doppelte Zeit benötigt – aber der Regen vermieste uns die sonst fällig gewordenen Fotoaufenthalte. Eine wunderschöne Route über 150 km, vorbei an Hochmooren, weiten Seen, Fichtenwäldern ohne die alle paar Kilometer im Dickicht auftauchenden roten Häuschen, entlang des wild gurgelnden und sich durch die Wälder schlängelnden Flusses Vistån. Hinter jeder Biegung - wenn es sie dann mal auftauchte auf dem schnurgeraden Auf und Ab der Straße - wuchs eine neue phantastische Landschaft aus dem Regenschleier. Wir waren wieder angekommen in Lapplands Wildnis.
Und mieteten uns ein paar Tage ein auf dem Camp Gielas im lappländischen Arvidsjaur. Im Ort deckten wir uns noch einmal mit samischen Spezialitäten ein, wegen derer wir diesmal in den skandinavischen Norden gereist waren. Der Campingplatz in Arvidsjaur gehört seiner Anlage und Ausstattung nach zu den besseren seiner Art. Er hat 81 Stellplätze und einen Bereich für Autark Camper. Und trotzdem sind alle Plätze mit 200er Nummern versehen. Was sich dahinter für eine Strategie verbirgt, bleibt verborgen. Zum ersten Mal in Skandinavien standen wir wegen Einhaltung einer Mittagspause vor einer verschlossenen Rezeption. Man nähert sich also langsam den südlicheren Regionen an, zumal auch die Anzahl der Toiletten zahlenmäßig anderen uns bekannten Schwedenplätzen um mindesten 2 Stück übertraf.
Der Weg führte uns weiter nach Åsele, unserer letzten Station in Lappland. Das Städtchen ist nur nach Bewältigung einer Straßenbaustelle mit anschließender Caravanwäsche erreichbar. Åsele Camping ist ein von seiner Lage her schöner Platz direkt am Ufer eines hier wie ein See verbreiterten Flusses Ångermanälven gelegen. Die Gäste werden in einer nett eingerichteten Gaststube empfangen und mit Frühstücksangeboten geködert. Danach findet man sein Stellplätzchen am Ufer des Flusses mit freiem Blick auf die umgebende Waldlandschaft. Zu spät haben wir erkannt, dass das Wichtigste jedes Campingplatzes, die Toiletten- und Sanitäranlagen wegen Bauarbeiten geschlossen waren. Das Servicegebäude konnte wegen Wassermangel nicht genutzt werden. Die Schweden sind pfiffige Leute: Müssen sie doch eine Waschmaschine erfunden haben, die ohne Wasser wäscht. Denn während uns die Platzdame noch erklärte, dass das Servicehaus wegen fehlender Wasserzufuhr geschlossen bleiben müsse. rumpelte im Inneren unermüdlich eine Waschmaschine. Auf der Suche nach einer Toilette wurden wir, weil wir das aus Versehen nicht mehr verschlossene Gebäude betreten hatten, harsch an eine Tür des Rezeptionsgebäudes ohne Kennzeichnung verwiesen, hinter der sich eine gesuchte Toilette befand. Camper verrieten uns später, dass im Eingang des öffentlichen Schwimmbades noch 2 Behindertentoiletten zu finden seien. Glücklicherweise hatten auf dem großen Platz nur 4 Campingfahrzeuge eingecheckt, sodass kein Andrang in den fehlenden Sanitäranlagen vorkommen konnte. Eigentlich hätten wir es merken müssen, dass mit dem Campingplatz etwas nicht stimmen konnte. War unser zuletzt besuchter Platz noch proppenvoll, war der hier fast leer; wichtiger, kein Schwede weit und breit. Beim näheren Betrachten der Anlage stellten wir fest, dass alles, was die schwedischen Campingplätze für uns so anziehend machte, hier abhandengekommen zu sein schien: Oberflächliche Pflege, ewig nicht zu findendes Personal, veraltete Elektronlagen, unaufgeräumte Grillhütten, zwar saubere, aber lieblos behandelte Ersatzsanitäranlagen und andere kleine Ärgerlichkeiten. Sollte es etwa an den betriebseigenen, mit holländischen Nummernschildern versehenen Fahrzeugen liegen, dass wir vermuteten, der Platz sei unter holländische Leitung geraten. Aber so wenig Liebe zu einem Campingplatz ist eigentlich nicht Art der uns bekannten Holländer. Also wenig Werbung für Schwedens Tourismus. Schade um die schön geplante Anlage. Nur eine attraktive Lage und ein einigermaßen gepflegter Rezeptionsbereich machen noch keinen Campingplatz, wenn der Rest vernachlässigt wird. Zumal der Ort Åsele und seine Umgebung außer der schönen Flusslandschaft und den typischen Nadelbaum- und Birkenmischwäldern sowie einem Freilichtmuseum nichts Besonderes zu bieten haben.
Wir fuhren weiter in südlicher Richtung vorbei an Östersund, wobei wir schöne Erinnerungen auffrischten. Hier gedachten wir schmunzelnd des Neuner, dem inzwischen ausgewachsenen Elchbullen in der Moosefarm, waren aber auch froh darüber, den dortigen Campingplatz nicht wieder anlaufen zu müssen. So schön war er nun wirklich nicht, als wir ihn das erste Mal besuchten. Auf der Weiterfahrt verließen wir das schöne Land der schwedischen Samen, indem wir Dorothea, das Südtor Lapplands, passierten. Unterwegs stellten wir wieder einmal fest, dass Schwedens Straßen zwar wenig befahren, aber wenn sie nicht als Europastraßen ausgewiesen, oftmals stellenweise asphaltverhuckelt sind, dass das Gespann reine Freudentänzchen aufführt und im Caravaninneren alles Kleinzeug, was nicht fest verstaut ist, durch die Gegend fliegt.
Der nächste von uns angefahrene Campingplatz im Jämtland bei Vemdalen war Camping Vemdalens. Beim Preisvergleich mit Camping Åsele, unserem letzten Aufenthalt hätte uns bald im Nachherein das große Schütteln ereilt. Für den gleichen Preis wurde uns hier eine Fülle von Angeboten unterbreitet und das in einem perfekt sauberen, ordentlichen und modernen Zustand. Was haben sich die Platzbetreiber in Åsele eigentlich dabei gedacht, als sie uns für ihre Servicelosigkeit auch noch abkassierten. Jedenfalls war hier in Vemdalen für uns die schwedische Campingwelt wieder in Ordnung.
Wenn wir den Weg als Ziel unserer Reise angeben wollten, müssten wir eigentlich den schwedischen Inlandsvägen, die E45, manchmal auch E10 nennen. Denn ihr folgten wir weite Strecken unserer Erinnerungstour. Nach dem Järmland durchfuhren wir die Dalarna mit dem fantastischen Siljansee- Gebiet. Die Reise führte uns wieder durch Orsa, wo wir der bei unserem ersten Besuch so niedlich von den Bäumen purzelnden Bärchen gedachten. Ob sie, inzwischen ausgewachsen, selbst ihren Nachwuchs im Bärenpark zu Schau stellen? Weiter ging die Reise durch das am Midsommer-Donnerstag völlig zugestaute Mora. Es blieb also genügend Zeit, den Siljan mit allen Sinnen erneut aufzunehmen, bevor wir die Dalarna verließen und ins Vermland einfuhren. 20 km vor Torsby verließen wir den Inlandsvägen und holperten über eine der in Schweden so beliebten unbefestigten Straßen in da Abbas Camping, mitten im Wald an einem See wunderschön gelegen. Hier war der richtige Platz, das schwedische Midsommerfest zu verbringen. Garantiert waren Ruhe, Freundlichkeit des Platzbetreibers und Erholung satt in der gepflegten und gut ausgestatteten kleinen Campinganlage mitten in der herrlichen Natur.
Zuviel geschwärmt? Also machten wir uns auf, die Schweden beim Midsommer-Feiern zu erleben. Hier auf dem Platz gab es nur wenige feiernde Camper, also auf in die Umgebung. Aber die Värmländer scheinen nicht in der uns bekannten Feierlaune zu sein. Vergeblich suchten wir nach den sonst üblichen Midsommer-Bäumen. Wir fanden birkengeschmückte Toreinfahrten, sahen hin und wieder eine kleine Feierrunde im Hausgarten, einmal sogar ein Blumen sammelndes Mädchen, aber sonst herrschte überall ungewohnte Ruhe. Auch auf dem Campingplatz. Aber dann entdeckten wir doch einen Hinweis auf Midsommer. In Torsby auf dem Marktplatz hatten sie eine Tanzfläche unter dem Midsommer-Baum aufgebaut.
Eine Blaskapelle wartete sehnsüchtig auf ihren Auftritt. Den vermasselte ihr ein ununterbrochen quasselnder Moderator, und die kleine Menschenmenge hörte ihm geduldig ohne emotionale Reaktion zu – eben schwedisch nüchtern und cool. Bestimmt war es nur das fiese Regenwetter, welches den Feiertag vermieste. Glücklicherweise hatten wir in den letzten Jahren fröhlich feiernde Skandinavier beobachten können, so hielt sich die Enttäuschung in Grenzen.
Und weiter tummeln wir uns auf dem Inlandsvägen und treffen bei Grums auf den Vännern, den wir, ohne ihn eigentlich zu sehen, in seiner gesamten Länge passieren. Wir fuhren vorbei an Mellerud, wo wir einst auf Kerstins Camping unser erstes und bisher schönstes Midsommerfest erleben durften. Und irgendwann haben wir sie endgültig verlassen: Die Einsamkeit der Wälder und sind angekommen im Dalsland, durchquerten es und fuhren weiter ins Halland
Wir erreichten südlich von Göteborg den Campingplatz Åsa Camping & Havsbad, direkt am Skagerrak. Der erste Eindruck lässt einen riesigen Platz erwarten, dem ist aber nicht so. Die vielen Dauercamper dominieren den Campingplatz mit ihren Wagenburgen, bestehend aus Caravan, Vorzelt und mannshohen Bretterzäunen davor, zur Sichtsicherung ihres heiligen Grundes. Dabei gerät das Ganze sichtlich so eng, dass jegliche gewohnte Campingatmosphäre abhandenkommt. Und dabei sind die Stellplätze doch reichlich groß, schön eben und begrünt. Aber die Einteilung der Stellflächen ist auf Sommerurlauber-Unterbringung in Meeresnähe ausgerichtet. Schade eigentlich um den zwischen Meer und Ort, sowie zwei Felsfomationen gelegenen Platz. Da kann auch ein modernes und sauberes Servicegebäude nur wenig punkten. Ich möchte jedenfalls nicht erleben, wenn in der Hochsaison alle Dauercamper anwesend sind und die wenigen Toiletten den morgendlichen Ansturm abfangen müssen.
Als nächstes Ziel visierten wir einen Campingplatz in Dänemark, Nähe Gedser an. Doch soweit sollte es nicht kommen. Unser Vectra muckte schon seit Vemdalen herum. Eine fiese kleine gelbe Lampe forderte das sofortige Anfahren einer Werkstatt. Das Gespann wollte selbst kleinere Steigungen ohne Anlauf nicht bewältigen. Also taten wir dem Gefährt den Gefallen und suchten in Dänemark eine Opel-Werkstatt auf. Was sich zuerst als kleines Fehlerchen darzustellen schien, stellte sich als Versagen des Turboladers heraus. Reparatur erst nach dem Wochenende möglich – nette Leute, die dänischen Monteure, aber helfen konnten sie im Moment auch nicht. Also riskierten wir es und fuhren mit dem Gespann weiter im Notprogramm zur Fähre nach Gedser. Glück im Unglück – wir konnten unser vorgebuchtes Ticket um 2 Tage vorziehen und mit der nächsten Fähre nach Rostock schippern. Spät kamen wir auf dem Campingplatz Camping- und Ferienpark Markgrafenheide an. Eine Nachtwache brachte uns irgendwo unter, nicht ohne vorher böse zu schimpfen, weil ich bei der Einfahrt die Beschilderung nach den gesonderten Eincheckspuren wegen der weit geöffneten Schranke schlicht übersehen hatte. Ich hatte doch nicht daran gedacht, dass wir nach Wochen der Freiheit wieder im alles geregelten und bevorschrifteten Deutschland gelandet waren. – Ich Trottel aber auch!
Tags darauf begann dann unsere einige Wochen dauernde Odyssee zwecks Reparatur unseres Turbos. Freundliche Autobauer bemühten sich um Teilreparaturen, bis zum Schluss die Diagnose unserer dänischen Werkstatt bestätigt wurde. Wir ließen unseren Wohnwagen in Markgrafenheide stehen – selbstverständlich gegen angemessene Bezahlung, als wären wir noch anwesend – und fuhren mit unserem kranken Auto ohne Anhängelast nach Hause. Irgendwann ward es repariert, wir holten unseren Caravan ab, und ließen auch seine kaputte Vorderfront wieder herrichten. Schließlich soll es in knapp 2 Monaten weitergehen – nach Korsika!
Unsere diesjährige vierwöchige Skandinavienreise führte uns nicht in die Welt der fantastischen Fjorde Norwegens, auch nicht über die weiten baumlosen, vereisten Fjells und auch nicht vorbei an verschneiten Bergriesen. Dafür durften wir die absolute Einsamkeit der finnischen Wälder hautnah erleben, endlose Seen passieren und jede Menge Erinnerungen an ältere Besuche auffrischen. Diesmal waren die Mücken leider schon viel zu früh unterwegs. Doch der tägliche lange oder kürzere Regenguss vertrieb die Viecher wieder. Dazu kamen die ungewohnten Pannen fern und schließlich nahe der Heimat. Aber schön war es doch!
unsere Seiten wurden letzmalig geändert am 04.11.2016